Letzter Tag auf Orkney - Exkremente und Krallen

Abbildung: Fundstück aus des Tomb of the Otters - ein Stein, welcher einem Otterköpfchen ähnelt / © Anita Soós
Abbildung: Fundstück aus des Tomb of the Otters - ein Stein, welcher einem Otterköpfchen ähnelt / © Anita Soós

Besondere Highlights standen uns auch an unserem letzten Tag auf der Insel South – Ronaldsay bevor.

 

Die erste Station brachte uns zum Tomb of the Otters, einem ganz besonderen Cairn der Jungsteinzeit, welcher erst 2010 im Zuge einer Parkplatzerweiterung entdeckt wurde. Diese neolithische Grabstätte ist bis dato die Einzige, in der tatsächlich Bestattungen aus mehreren Nutzungsphasen erhalten sind – diese wurden hier offenbar nicht regelmäßig ausgeräumt, wie es bei den anderen Cairns der Fall war. Da sich in dieser Fundstätte noch dazu seit Jahrtausenden das Wasser sammelte, konnte sich das Skelettmaterial hervorragend erhalten, sodass DNA–Analysen tatsächlich möglich sind – die Ergebnisse dieser werden in den nächsten Jahren sicherlich für Furore sorgen. Hochinteressant ist auch, dass die Grabstätte offenbar während der Benutzung offen gestanden haben dürfte, um Seeottern den uneingeschränkten Zugang zu ermöglichen – dies wird von mächtigen Schichten Otterexkrementen bezeugt, die sich überall um und auf den Bestattungen befinden. Was für uns vielleicht befremdlich erscheinen mag, war in der Jungsteinzeit möglicherweise wichtiger Bestandteil der Totenrituale: Der Otter könnte das Totemtier der hier bestatteten Sippe gewesen sein, weshalb es ihnen gestattet wurde, die Verstorbenen nach Ihrem Tod abzunagen – der Mensch nimmt zeitlebens von der Natur, nach dem Tode gibt er etwas zurück. Ähnliche Sitten gibt es auch heute noch z.B. bei tibetischen Buddhisten, welche ihre Toten oft auf einer erhöhten Plattform den Raubvögeln darbieten. 

Abbildung: Die Bucht vor dem Tomb of the Eagles / © Klaus Schindl
Abbildung: Die Bucht vor dem Tomb of the Eagles / © Klaus Schindl

Um Raubvögel geht es auch bei unserer nächsten Station – dem Tomb of the Eagles. Hier wurden neben den in Häufchen deponierten Überresten von insgesamt über 300 Individuen auch zahlreiche Krallen von Seeadlern gefunden – ein Umstand der möglicherweise auf das Totemtier der hier bestatteten Sippe hindeutet. Auch im Zusammenhang mit diesem Cairn wurden Theorien zur Darbietung der Toten auf Plattformen für Seeadler diskutiert.

 

 

Nach der ausgezeichneten Führung durch die Tochter des Entdeckers und Grundbesitzers durch das kleine zugehörige Museum, in welchem wir sogar viele der beeindruckenden Fundstücke berühren durften, machten wir uns auf den landschaftlich ansprechenden Weg zur Grabstätte. Die Freude war besonders groß, als klar wurde, dass hier eine neue Art des Betretens eingeführt wurde: Man musste sich weder bücken, noch auf die Knie begeben, denn dankenswerter Weise wurde hier ein kleiner Rollwagen, mit dem man sich über ein Seil leicht selbst in die Kammer ziehen konnte, installiert. 

Abbildung: Burnt Mound / © Klaus Schindl
Abbildung: Burnt Mound / © Klaus Schindl

Anschließend stand noch ein besonderes „Schmankerl“ der Bronzezeit auf dem Programm – ein sogenannter Burnt Mound. Um das ehemalige Gebäude aus Trockensteinmauerwerk wurde noch während der Nutzungszeit stetig eine Schicht aus Asche und durch Hitze geschädigte Steine aufgeschüttet, was der Fundstelle ihren Namen verlieh (Burnt Mound = verbrannter Hügel). Im Inneren des Hauses befindet sich ein gemauertes und mit Lehm ausgekleidetes Becken mit 1000 l Fassungsvermögen, in welchem Reste von Erika und anderen Kräutern gefunden wurden. Das Becken war durch einen gemauerten Kanal mit einer nahe gelegenen Torflacke verbunden, welche im Winter mit Wasser gefüllt war und im Sommer als Abfluss gedient haben könnte. Im Herd des Hauses wurden vermutlich Steine erhitzt, um mit diesen anschließend das Wasser im Becken zum Kochen zu bringen. Wurde dieser Vorgang mehrmals wiederholt und die Steine auf diese Weise rapide im Wasser abgekühlt, barsten sie in kleinere Stücke, nachdem sie offenbar direkt vor der Haustür gemeinsam mit der Asche des Herdfeuers entsorgt wurden.

 

Der Zweck dieser Anlage ist bis heute nicht geklärt, manche Archäologen sprechen von Kochhäusern für größere Feiern, andere wiederum glauben an eine bronzezeitliche Sauna–Anlage oder rituelle Kultstätte mit der Nutzung von Dampf und halluzinogenen Kräutern. Im Hinblick auf die orkadische Kälte sind wir große Fans der Sauna–Theorie.

Abbildung: Der Abstieg ins "Nichts" / © Klaus Schindl
Abbildung: Der Abstieg ins "Nichts" / © Klaus Schindl

Als bedauerlicherweise letzte Station dieses Tages und auch unserer Reise führt uns Klaus noch zum „Nichts“. Hierbei handelt es sich um einen vermutlich eisenzeitlichen, auf einem kleinen Hügel befindlichen, Schacht, welcher über steile steinerne Stufen in eine Tiefe von über 7 m führt und buchstäblich im „Nichts“ endet. Möglicherweise diente sie einmal als Zisterne, wobei sie heute jedoch nur selten Wasser führt. Der Hügel selbst wird von einem Graben umgeben, der offenbar regelmäßig ausgeräumt wurde und deshalb nur wenige Funde preisgab. Das vorhandene Material deutete jedoch auf Haushalts- und Handwerkerabfälle der nahegelegenen eisenzeitlichen Siedlung hin. Nachdem einige unserer Gruppe ihren Mut zusammengenommen und ihre Bäuche einzogen hatten (der Schacht war wirklich sehr (!) eng), wurde lebhaft über verschiedenste Funktionen dieser ungewöhnlichen Fundstätte diskutiert. 

Bei unserem letzten gemeinsamen Abendessen erhielten Klaus und Anita von der Gruppe eine ganz besondere Überraschung: wirklich gelungene, von der Gruppe selbst gedichtete Verse, welche unsere Reise hervorragend beschrieben und den Abschied umso schwerer machten.

Zum Ausklang begaben wir uns dann noch ins The Reel Music Room, wo gerade das Orkney Folk Festival mit vielen talentierten Musikern und viel orkadischem Bier mit Namen Scapa Flow („– goes down better than the German fleet!“) gefeiert wurde.

 

 

Der Abschied fällt immer schwer, deshalb hier noch ein Link zu den wirklich bewegenden Klängen orkadischer Folkmusic durch Graham Low, den Anita und Klaus in der Woche davor live erleben durften – mögen sie die Erinnerungen noch ein bisschen versüßen:  

 

 


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