Tag 4 auf Orkney - Russische Kälte und Ausflug in die Eisenzeit

Abbildung: Klaus auf den überwucherten Ruinen des "russischen" Brochs / © Anita Soós
Abbildung: Klaus auf den überwucherten Ruinen des "russischen" Brochs / © Anita Soós

Am nächsten Tag ging es nach Russland.

 

Ja – ihr habt richtig gehört: Russland. Zwar nicht das Russland, an dessen Invasion auch Napoleon bitterlich scheiterte, aber man schreibt es gleich und genauso kalt war es auch.

 

Dort befindet sich jedenfalls ein weiterer Broch auf einer kleinen Halbinsel in einem der zahlreichen Seen von Mainland, der unsere Aufmerksamkeit verdient hat. Nach einem ziemlich abenteuerlichen Weg durch den sumpfigen Dschungel von Orkney standen wir auf einmal mitten in den Ruinen des eisenzeitlichen Wohn-/Wehrturms. Von Klaus erfuhren wir, dass dies allerdings kein klassischer, zweischalig gebauter, Broch ist, sondern vermutlich ein Vorgänger davon – ein sogenanntes Roundhouse. Letztere waren von der Bauart her vermutlich niedriger als ihre jüngeren Brüder, denn erst durch die doppelte Mauerführung wurde es möglich, höhere Bauten zu errichten. Leider ist von diesem Roundhouse allerdings nicht mehr viel sichtbar, denn nach der Grabung im späten 19. Jahrhundert wurde die Stätte wieder der Natur überlassen und alsbald von wucherndem Pflanzenmaterial und Sumpf zurückerobert. 

Abbildung: Henri im Eingang zum Broch of Gurness - die Menschen damals waren wohl doch nicht kleiner! / © Klaus Schindl
Abbildung: Henri im Eingang zum Broch of Gurness - die Menschen damals waren wohl doch nicht kleiner! / © Klaus Schindl

Die nächste Station war wieder frei zugänglich und touristisch erschlossen, eine schon dringend gebrauchte Toilette gab es aber offiziell trotzdem nicht. Nachdem aber einige in unserer Gruppe verstohlene Blicke Richtung Zierbuschwerk auf dem Gelände warfen und geheimnistuerisch zu murmeln begannen, konnte uns der Herr an der Kasse gar nicht schnell genug den Schlüssel für die Angestellten-Toilette in die Hand drücken – vermutlich eine weise Entscheidung im Sinne der gepflegten Gartenanlage.

 

Nachdem sich wieder alle ungehindert auf Archäologisches konzentrieren konnten, führte uns Anita durch den Broch von Gurness, einem der größten seiner Art, mit einem Außendurchmesser von 20 m. Sein wehrhafter Charakter wird besonders durch die dreifache Umwallung betont, welche den Turm und die zugehörige, planmäßig angelegte Siedlung beschützen sollte. Der Platz dürfte nicht nur in der Eisenzeit signifikant gewesen sein – auch die Pikten erbauten ihre Häuser im Schutt der verfallenen Brochsiedlung und eine Bestattung einer Frau im Graben der Befestigung deutet auf Aktivitäten der Wikinger hin.

Abbildung: Broch an der Küste von Yesnaby / © Klaus Schindl
Abbildung: Broch an der Küste von Yesnaby / © Klaus Schindl

Als letzte Station des Tages besichtigten wir noch einen weiteren Broch an der malerischen Küste von Yesnaby. Versteckt zwischen den Klippen war der Weg zu dieser eisenzeitlichen Fundstelle nicht ganz einfach, aber die Aussicht entschädigte auf jeden Fall – wir entdeckten noch dazu auch die sagenumwobene „Primula Scotica“, die nur an bestimmten Plätzen in Nordschottland im Mai blüht und von botanisch Interessierten eifrig gesucht wird.

 

Der Broch selbst ist zwar fantastisch gelegen, aber relativ klein und wurde vermutlich über einen Zeitraum von über 1000 Jahren von kleineren Familien bewohnt, die sich offenbar gut zu verteidigen wussten – abgesehen von der strategisch perfekten Lage (der Broch liegt auf einem Felsvorsprung umgeben von Klippen und ist nur von einer Seite aus zugänglich) wurden auch ungewöhnlich viele, runde Steine aus dem Meer im Broch gefunden, die vermutlich als Geschoße bei einem Angriff genutzt werden konnten. 

Abbildung: Die besten Kuchen von Orkney auf kleinem Raum! / © Anita Soós
Abbildung: Die besten Kuchen von Orkney auf kleinem Raum! / © Anita Soós

Der Nachmittag konnte an diesem Tag frei genutzt werden, aber bevor sich unsere Gruppe in der Hauptstadt Kirkwall in alle vier Himmelsrichtungen verteilten, zeigte uns Anita noch einen urigen kleinen Tearoom, der die besten Sandwiches und Kuchen nebst dutzenden Teespezialitäten servierte – da wurden gleich die kleinen Finger brav abgewinkelt!

Abbildung: Tea and Polkadots / © Anita Soós
Abbildung: Tea and Polkadots / © Anita Soós

Neugierig auf den "Alten Mann von Hoy"? Bleibt dran für den 5. Tag unserer Reise - in ein paar Tagen geht auch dieser online! 

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